Donnerstag, 7. Mai 2009

Schweinerei in der Krise.


Bester Kasbohm!


Schweinekrise? Finanzgrippe? Papperlapapp! Ich sag Ihnen Kasbohm, was wirklich die Krätze unserer Zeit ist: Verpackungsmüll! Der Verpackungsmüll wird uns alle eines Tages erst in den Ruin treiben, dann töten und schließlich die alleinige Weltherrschaft übernehmen, da bin ich mir seit heute sicher. 


Nieselregen, fuffzehn Grad, hanseatischer Frühling – alles schien in bester Ordnung heute Morgen. Gegen 11 Uhr fielen blöderweise drei von fünf sündhaft teuren Farbpatronen in meinem Drucker trocken. Weil ich u.A. ein Cover für eine CD ausdrucken wollte (die Sie demnächst von mir bekommen, Kasbohm – ich weiß auch nicht, womit Sie das verdient haben), warf ich also schnell ein leichtes Jäckchen über und verließ die Heimstatt in Richtung Wandsbeker Marktplatz. Die dort ansässige Gruppe von adoleszenten Berufsschulschwänzern (Fachbereich Zerspanungstechnik) führte ihre übliche Unterhaltung – wie immer kamen mir Wortfetzen wie »Digga!« oder »Schwör, Alta!« zu Ohren – und mit beschleunigtem Schritt erreichte ich den rettenden Haupteingang einer der ältesten Karstadt-Filialen Hamburgs. Ich bin ja Karstadt-Kunde seit der Steinzeit, aber das sei nur am Rande erwähnt. Auf in die zweite Etage! Übersichtliche Aufteilung, alle Patronen schnell gefunden und zackig zur Kasse. Dort ging’s schon mal los. Selbst wenn man bei Karstadt neue Aufsätze für die elektrische Zahnbürste, einen USB-Stick oder eine minimal verpackte Speicherkarte für irgendein technisches Tüdelüt erwerben will, bekommt man ungefragt den Artikel in eine blaue Tüte befördert. Ich habe das nun schon unzählige Male ausprobiert – man müsste schon über die Reaktionsfähigkeit einer Klapperschlange verfügen, um zu verhindern, dass die Karstädter den Einkauf in Sekundenbruchteilen im Plastik verschwinden lassen. Mittlerweile stoße ich sogar auf böse Blicke, wenn ich das gekaufte Produkt kurzerhand wieder aus der Tüte fische und mit den Worten »Danke – die brauch ich nicht.« das Ladengeschäft verlasse. Logisch: das nunmehr gebrauchte Tragetäschchen lag vorher akkurat platt auf einem Haufen, wird durch die kurzfristige Benutzung aber seiner statischen Aufladung beraubt, hat sich daher zusammengefriemelt und sieht binnen eines flüchtigen Moments aus wie dunkelblaue Scheiße. Einmal angefasst – Müll. Wenn das kein Zeichen für die Schnelllebigkeit unserer Zeit ist, kenne ich so fix kein anderes. 


Auf dem Nachhauseweg lächelte meine Blumenfrau dermaßen zuckersüß, dass ich mich schnell für ein dickes Bund Tulpen erwärmen konnte, auch wenn die Zeit für Tulpen in diesem Jahr endgültig vorbei ist. Der Dame kann ich auch zum hundertsten Mal in meinem mittlerweile 6ten Wandsbek-Jahr erklären, dass ich von ihrem Laden aus mühelos mein Schlafzimmerfenster erspähen kann und Papier um meine Schnittblumen wirklich unnötig... aber ach, man muss ja nicht alles ausdiskutieren.


Zurück zum Drucker. Ich packte aus. 


Hier ist jetzt gar kein Absatz zwingend erforderlich, aber aus dramaturgischen Gründen gibt’s den trotzdem. Schließlich kosteten mich die verdammten drei Dreckspatronen nicht nur über fünfzig Eier, sondern auch noch gefühlte 20 Minuten des Auspackens. Zunächst will die äußere Kunststoffverpackung (Prinzip „Fort Knox“) aufgebrochen werden. In die Form der solchen schmiegt sich eine hübsch mehrfarbig brillant bedruckte Pappe, sowie ein Beipackzettel, der jeder Arznei aus dem Krankenhaus-Giftschrank mühelos Konkurrenz machen würde. Darin eingewickelt: die nächste Kunststoffverpackung. Und immerhin ein Lichtblick: die Patrone rückt ins Sichtfeld. Aus diesem Kunststoff befreit, wähnt man sich schon siegessicher und möchte, den erbeuteten Artikel hoch in die Luft gereckt, nach guter Jägerart das Waldhorn blasen, doch Halt! Perfiderweise steckt die Patrone selbst noch in einem weiteren, knallengen Plastikkondom, welches man nur schwer ablösen kann. Ist dies bewältigt, wird immer noch nicht geblasen (geschweige denn gedruckt), sondern VOR dem Einsetzen des Tintentanks muss zunächst noch eine kleine Lasche abgerissen UND ein 5 Zentimeter langer – wenn auch formschöner – aber in der Tat völlig überflüssiger Plastikhenkel von der Patrone abgebrochen werden. Fertig. Bis mein Drucker das nächste Mal nach Tinte japst, werde ich vermutlich mit der Mülltrennung beschäftigt sein. Anschließend werde ich mit den sorgfältig auseinandergefummelten Rückständen die Firma Canon aufsuchen und den verantwortlichen Produktdesignern das ganze Zeugs, gemeinsam mit dem Kassenzettel, rektal einführen. Auch wenn ich den Kassenzettel eigentlich brauche, um den Mist von der Steuer abzuziehen. Man muss Zeichen setzen! Auch mal Flagge zeigen!


Ich brauche jetzt unbedingt etwas politisch Korrektes. Sting. Oder U2. Gutmenschenmusik. Und dann drucke ich den Text dazu aus. Auf Jute. Anschließend nagele ich die Botschaft an die Tür des Wandsbeker Rathauses. Ich bin der Martin Luther der Umweltsauereien! Die sollen sich mal alle ganz warm anziehen!


Grün vor Ärger grüßt Sie,

Ihr VDL         


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