Samstag, 6. Juni 2009

Harte Schale.


Werter Wanderfreund Kasbohm!


Da haben Sie thementechnisch ja mehr Fässer geöffnet, als die CSU beim Starkbieranstich! Vor allem haben Sie sich im Antonipark mit Glück einige der durchaus raren Sommertage im Freien gesichert, die uns Hanseaten quartalsmäßig zugebilligt werden. Gerade heute kommt einem der Junianfang schon wieder wie der Beginn des Septembers vor. Seit ich die schwäbische Idylle zwischen Kehrwoche und einem Viertele Lemberger gegen die hanseatische Rotklinker-Seele eingetauscht habe, werde ich sowieso mehr und mehr zum Wetterneurotiker. Kaum dass man sich die Glatze ein einziges Mal von der Mittagssonne hat toasten lassen, greift man schon wieder zur Strickjacke und glaubt, den Sommer bereits erfolgreich absolviert zu haben. Kommt ja keiner aus dem grauen Regen daher, klingelt an der Tür und sagt einem, dass der Herbst noch eine ganze Jahreszeit entfernt liegt. Fortgezogene Beach-Clubs, Ballerinas mit Söckchen anstatt hübsche Riemchenschuhe bei der Damenwelt. Und wenn ich mit meinem britischen Geländeautomobil an der Kreuzung stehe, kann ich aus luftiger Höhe genau sehen, dass in so manchem geöffneten Kabriolett ein bestimmter Schalter rot in der Konsole leuchtet: Sitzheizung an. Das ist er, der Hamburger Sommer. Muschitoaster, gefütterte T-Shirts, beschlagene Sonnenbrillen. Da kann der Kachelmann noch so viel erzählen, von wegen Hiddensee und launigster Wetterregion Deutschlands. Solange der Klimawandel hier im Norden nicht endlich mal nachhaltig für eine Besserung meiner seit 8 Jahren anhaltenden Winterdepression sorgt, sprühe ich meine Lederschuhe auch weiterhin auf der Terrasse mit diesem Giftzeugs gegen Straßenschlamm ein. Obwohl ich eher Turnschuhe tragen müsste. Ich mach ja was mit Medien. Apropos: seit wann haben Sie es denn auf die Apple-usenden Retro-Adidassler und Freitagtaschenträger abgesehen? Hat Ihnen einer von denen beim Portugiesen den letzten Galao vor der Nase weggesoffen? 


Dass Sie Uncle Tupelo den Wilcos vorziehen, hätte ich mir ja denken können. Wenn man mit Ihnen die Vorzüge von Rumours oder Tusk diskutieren will, kommen Sie einem binnen Minuten ja auch mit dem geschwurbelten Blues-Gedröhne aus dem Frühwerk um Peter Green's Fleetwood Mac. Dennoch muss ich Sie jetzt mal unter meinen Regenmantel nehmen Kasbohm, denn dort draußen gibt es unter den drei Lesern dieses Blogs bestimmt zwei, die Sie jetzt für ungeheuer gespreizt und gestelzt halten, weil Sie dem Mainstream scheinbar schon eine Schelle verpassen, bevor er sich überhaupt drohend vor Ihnen aufgebaut hat. Immer dagegen, immer anders sein. Nein, liebe Menschen, der Kasbohm tut nur so. Der hört auch Blondie und wenn er Blondie hört, dann auch Denise und sogar das tolle Heart of Glass. Sozusagen ein Jarvis Cocker für Kneipenbesucher. Ein lieber Kerl. So. Das musste jetzt mal gesagt werden Kasbohm, schließlich liegen wir hier literarisch in einem Bettchen. Aber immer noch mit Besucherritze! Denn geradezu putzig ist nämlich die Parallelität, die Sie mir zwischen Laserschwertern und dem Sein und Nichtsein des Lebens argumentativ unterjubeln, ja in die Tasche schummeln wollen. Keine Chance. Verkriechen Sie sich zurück auf Ihren Todesstern, Darth Kasbohm: ich bleibe ehrlicher Western-Fan. Schließlich haben John Wayne und Clint Eastwood der Worte über den Sinn des Lebens genug verloren. (»Wer zum Sterben noch keine Lust hat, macht dass er hier rauskommt.«


Aktuell noch einmal reflektierend auf diese Europa-Kiste: Ich will ja gar nicht als Kontraeuropäer dastehen. Deshalb aus gegebenem Anlass: Einen Aufenthalt (auch mehrwöchig mit Ayurveda-Wellness-Clubhotel) in den USA, Ozeanien oder Fernost können Sie mir schenken, Kasbohm. Oder aber auch gerne für sich behalten. So lange ich Budapest, Lissabon, Rom, Korfu und Palermo noch nicht gesehen habe, werde ich mir weder Sydney noch Minneapolis oder Saigon aus der Nähe anschauen. Ohnehin hat ein weitgereister Freund von mir die Australier mal als Amerikaner des Südpazifiks bezeichnet. Also müsste man da nur wegen der Kängurus hin und die hopsen auch durch Hagenbecks Tierpark. Außerdem brennt's da nicht alle Nase lang. Weil's ja immer nieselt. 


Ja, das war ein rechter Hölzchen-zu-Stöckchen-Beitrag heute, aber ich fürchte das liegt ganz einfach daran, dass ich durch die Bundesligafreie Zeit einer Daseinskrücke beraubt bin und meine Gedanken darum ziel- und haltlos durch die Lüfte huschen. Fußball ist aber eine ganz andere Kiste und die mache ich erst demnächst wieder auf. Sie sehen Kasbohm: Sie haben sich mit einem dem Feingeist weit entfernten, einfältigen Holzhobler eingelassen. Demnächst quatschen wir hier noch über Weiber, Schnauzbärte und die Abseitsfalle. Warten Sie bloß ab! Oder um es mit Jarvis Cocker zu sagen: 


I never said I was deep / But I am profoundly shallow / My lack of knowledge is vast and my horizons are narrow.


Entschuldigen Sie mich nun. In der Glotze läuft Der Teufelshauptmann von John Ford. 


Peng, Peng!

Ihr Marshall VDL

1 Kommentar:

AKA hat gesagt…

Um mal mit gutem Beispiel voranzugehen - denn ich finde unsere drei Leser könnten auch ruhig mal kommentieren, man fühlte sich dann nicht ganz so einsam - und um die Zeit zu überbrücken bis ich wieder ausfürlicher schreiben kann, sag ich mal: Ich habe nichts gegen mainstream, einige meiner liebsten Platten sind Mainstream...

Nein im Ernst, mann, ich bin doch der Advokat der Pet Shop Boys, was soll ich da gegen Mainstream haben. Ich mag alles, was knallt. Aus jeder richtung. Auch mit Blues können Sie mich jagen. Auch mit Peter Green. Das gibt mir gar nichts und hat es auch nie. Aber dazu bald mehr. Jetzt muss ich erstmal innerhalb kürzester Zeit des Fleischhauers Buch lesen und rezensieren. Wünschen Sie mir starke Nerven und genug Pepciddual in der Medizinschublade.