Montag, 22. Februar 2010

Deutschland, schmackhaft.





Heiliges Kanonenrohr Kasbohm!


Die Erde kann sich noch so oft um die eigene Achse drehen, aber manche Dinge bleiben wirklich wie sie sind und Einiges wiederholt sich durchaus. Unlängst habe ich gelesen, dass tatsächlich jemand mit der Zunge an einem Laternenmast festgefroren ist und von der Feuerwehr unter Zuhilfenahme von warmer Kochsalzlösung befreit werden musste. Nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt durfte die Person wieder nachhause. Gute Besserung. (Nein, Kasbohm – ich war's nicht.) Es ist kalt in Deutschland. Immer noch. Aber wenn man sich Ihre Tiraden so durchliest, wird einem warm. Heiß sogar. Es war ja zu erwarten, dass Sie der Welt irgendwann wie ein Schnellkochtopf mit defektem Dichtungsring um die Ohren fliegen würden. Aber während sich bei den Winterspielen die Welt freundlich die Hand reicht und bald der Frühling seine Blütenköpfe durchs Streusalz schraubt, muss man sich um Sie schon wieder sorgen – kommt Ihr bevorzugter Kioskbesitzer eigentlich noch mit den Gin-Bestellungen hinterher? Und wie funktionieren eigentlich diese Suchmaschinen? Die werden ja ein lustiges Ergebnis auf den Schreibtisch des Herrn de Maizière liefern. Revolver! Atombomben! Heckler & Koch! Knackt es bei Ihnen manchmal so komisch in der Leitung? Und der weiße Transporter vorm Haus? Prüfen Sie mal im Branchenbuch, ob es Sanitäranlagen Gutbrodt tatsächlich gibt. Falls nicht – Vorhänge zu! Nicht, dass ich Ihnen irgendwann einen Kuchen mit Feile backen muss, um Sie aus Stuttgart-Stammheim herauszuholen. Dabei soll es ja sogar Leute geben, die gerne eine permanente Aussicht auf Zuffenhausen hätten. Ich, zum Beispiel. Aber Sie sehen lieber alles schwarz. Ach, Kasbohm.


Es könnte doch alles so schön sein! Auch für Sie! Zum Beispiel führt Deutschland nun endlich im ewigen Medaillenspiegel aller olympischen Winterspiele. Nicht Österreich. Kein Land, das sowieso und eigentlich immer ständig irgendwo über Schnee verfügt, wie die Schweiz oder Italien. Nö – auch dank der (tatsächlich bezaubernden) Magdalena Neuner sind WIR in der weißen Pracht die Größten. Wir sind nicht nur Papst, sondern auch Olympia. Und haben Russland verdrängt. Ich warte täglich darauf, dass die Deutsche Westerwelle eine Sonderübertragung über die Volksempfänger schickt: »Der Iwan ist geschlagen! Jetzt geht's aufwärts!« Da ist es nur allzu verständlich, dass man hier leben will. Und für einen Stundenlohn von 1,50 EUR in Vollzeit Haare schneidet und dazu noch einen ordentlichen Schluck aus der Hartz 4-Pulle nehmen darf. Ein so glorreiches Land braucht keinen Mindestlohn. Wenn es Ihnen hier nicht gefällt Kasbohm, können Sie ja gehen. Nach drüben. Oder irgendwohin, wo der Pfeffer wächst, die Sonne scheint und die Menschen freundlicher sind, als in... sagen wir mal... Berlin (also überall). Sie können nach Omsk gehen, nach Brüssel oder Haiderabad. Das Schöne ist ja, dass man für einen solchen Lebensweg keine Fremdsprachen benötigt. Auch, wenn Sie herausragendes Englisch sprechen. Können Sie vergessen und aus dem Hirnkasten löschen. Hat der Oettinger auch gemacht. Und sieht der unglücklich aus?


Wie immer erwarten Sie viel zu viel von den Menschen an der Spitze unseres hübschen Landes. Ich persönlich würde mich nicht befähigt fühlen, auch nur am bundesdeutschen Ruder zu schnuppern. Halte mit meiner Beurteilung also auch ein wenig mehr hinter den Bergen und trinke dort mit den Zwergen Kaffee. Außerdem sagt uns der Außenguido nur die Wahrheit. Dass dem arbeitsscheuen Gesindel Deutschlands keine weitere Kohle zugebilligt werden kann, ist doch wohl logisch. Was bleibt denn dann für die Hoteliers übrig? Frage ich Sie, Kasbohm! Gezielt! Na? Sie wollen doch auch von Zeit zu Zeit während Ihrer Recherchen in einem Etap-Container-Schuppen liegen und die "Sonderprogramme" schauen, nicht wahr?


Ein wenig enttäuscht bin ich von unserem Guido allerdings "scho auch", wie der Jogi Löw so gerne sagt. Denn bei ebenjenem hat sich die gelbe Welle seine letzten Brandreden ein wenig abgeschaut. Wenn unsere Fußball-Nationalelf gewinnt, sprechen die Sportreporter dieser Republik nämlich des Öfteren von einem "Arbeitssieg". Und wenn Diplom-Ingenieure auf dem Aldi-Parkplatz für einen Euro Luft um die Ecke schaufeln, dienen die der Gesellschaft. Sagen Sie mir jetzt nicht, dass das eine sinnlose Beschäftigung wäre, denn im Wortsinn ist Beschäftigung... was? Genau: Arbeit. Wer hingegen Flaschen sammelt, muss alle "Einkünfte" aus dieser "Tätigkeit", die 105 EUR übersteigen, anmelden. Sehen Sie – DAS ist gerecht, denn die Flaschensammler nehmen der Müllabfuhr Arbeit weg, vernichten Arbeitsplätze, bieten einen schlimmen Anblick, schänden demnächst unsere Frauen und essen unsere Haustiere. Einer muss dem Einhalt gebieten. Sonst gehen wir alle düsteren Zeiten entgegen.


Sie müssen das auch mal einsehen, Kasbohm: Hartz 4 wurde mit größter Weitsicht entwickelt und man hat den Menschen einen großen Gefallen getan. Damals konnte das von uns Bürgern noch kein Schwein ahnen, aber das Hartzen ist heuer die Rettung. Wo soll die Ursula die Jobs für redliche Arbeit denn hernehmen? Eben. Und von beruflicher Weiterbildung (oder überhaupt Bildung) sollte abgeraten werden, weil ständig Frau Koma kommt und Lernwillige niedermäht. Dass die Bewohner von Wilhelmsburg, Marzahn oder Rödelheim angesichts dieser weisen Voraussicht und liebevollen Obhut des Staates immer mehr Geld haben wollen, ist furchtbar undankbar. Hätten ja alle Abitur machen, Anwälte werden und in die FDP eintreten können. Selber schuld.


Also entspannen Sie sich mal, Kasbohm und machen Sie's wie ich. Ich fühle mich in Deutschland kuschelig aufgehoben und bestens repräsentiert. Mein Entgegenkommen gegenüber der deutschen Politik hat mir vieles leichter gemacht. Wenn man einfach kein einziges der Wahlversprechen für bare Münze nimmt, wird man nicht enttäuscht. Und erlebt einen Wahlabend wie ein Tennismatch. Oder einen Ski-Abfahrtslauf. Und da schließt er sich schon wieder, der Kreis.


Dennoch werde ich nach Ihrem letzten Eintrag nie wieder eines der von Ihnen aufgelegten Musikstücke kritisieren, denn am Ende machen Sie vor der Hasenschaukel en passant mit einer Schnellfeuerwaffe ein Sieb aus mir. Brandgefährlich, wenn sogar so einer wie Sie Kasbohm, kurz davor ist, sich zu bewaffnen. Wenn's am Ende auch nur ein Einmachgummi und ein paar Papierkügelchen mit Spucke sein werden, anstatt ein AK47. (Jetzt erst fällt mir das Kürzel dieser Knarre auf. Das macht mich nun aber doch ein wenig nachdenklich.)


Auf der Hut,

Ihr VDL



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